Planwirtschaft: Grundlagen und Grundprobleme

Planwirtschaft: Grundlagen und Grundprobleme
Planwirtschaft: Grundlagen und Grundprobleme
 
Planwirtschaft bezeichnet eine Wirtschaftsordnung, in der alle Wirtschaftsprozesse (Produktion, Investitionen, Allokation, Konsumtion) eines Landes auf der Grundlage gesamtwirtschaftlicher Pläne zentral koordiniert werden. Für den Idealtyp dieser Wirtschaftsordnung bzw. den Extremfall der totalen Planwirtschaft prägte der Ökonom Walter Eucken (1891 bis 1950) den Begriff Zentralverwaltungswirtschaft.
 
 Der Plan ist das Ziel
 
In einer Zentralverwaltungs- bzw. Planwirtschaft wird von der staatlichen Führung ein zentraler Wirtschaftsplan erstellt. Der Staat lenkt den gesamten Ablauf des Wirtschaftsprozesses nach diesem Plan.
 
Er gibt den Unternehmen und Haushalten ein Plansoll vor. Hierin liegt ein ganz wesentlicher Unterschied zu marktwirtschaftlichen Systemen, in denen die individuellen Ziele der Haushalte und Unternehmen unmittelbar deren wirtschaftliches Handeln bestimmen. Die Einhaltung der Planvorgaben wird von einem hierarchisch gegliederten, bürokratischen Lenkungsapparat überwacht. Die Planungsbehörde bestimmt, was, wie und für wen produziert wird. Der zentrale Wirtschaftsplan wird in seine Bestandteile zerlegt und von oben nach unten delegiert. Die mittelfristige Wirtschaftsplanung (meist fünf Jahre) ist in der Regel als Ausführung einer längerfristigen Perspektivplanung (über 10 Jahre) konzipiert. Die Produktionsmittel gehören der Gesellschaft, nicht den Einzelnen. Die zentrale Planung bringt allerdings auch mit sich, dass sich die Entscheidungen über die zu produzierenden Güter nicht unbedingt an den wahren Bedürfnissen der privaten Haushalte orientieren. Auch die Preise der Güter werden staatlich festgesetzt. Wie viel tatsächlich angeboten und nachgefragt wird, ist irrelevant. Märkte, auf denen Angebot und Nachfrage durch den Preis geregelt werden, existieren nicht. Geld dient eigentlich lediglich als Verrechnungsgröße. Grundnahrungsmittel erhalten niedrige, Luxusgüter dagegen hohe Preise.
 
 Das Abstimmungsproblem der Planwirtschaft
 
Mit dem zentralen Planungsansatz sind eine Reihe von Problemen verbunden. Die Erfahrungen in den ehemals sozialistischen Systemen Osteuropas haben gezeigt, dass kein ausreichender Anreiz vorhanden ist, den technologischen Fortschritt voranzutreiben. Zudem ist es für die Planungszentrale unmöglich, vollständig informiert zu sein. Sie kann daher weder die Absatzmöglichkeiten noch die Produktionsbedingungen beurteilen und auch nicht einschätzen, welche Produktionsverfahren Erfolg für die Zukunft versprechen. Die von den Betrieben »nach oben« weitergeleiteten Informationen dürften verzerrt sein, da jeder Betriebsleiter lieber kleinere Produktionsmengen als möglich angibt, um sein Soll leichter erfüllen zu können. Auch Qualitätsverbesserungen liegen nicht im Interesse des Betriebsleiters, denn entscheidend für die Planerfüllung ist die geforderte Menge an Gütern unter Verwendung der in der Materialbilanz angegebenen Stoffe. Die Materialbilanz ist dabei das Planungsinstrument, welches für einzelne Sektoren angibt, wie viel mit welchen Mengen an Faktoren produziert werden soll. Schwierig ist in diesem Planungsprozess außerdem, die Mengenplanung der Betriebe auf die Bedürfnisse der Konsumenten abzustimmen, da die zentrale Planstelle diese nicht beurteilen kann. Über den Preis kann sich die Nachfrage nicht regeln, da dieser zentral fixiert wird. Also ergeben sich für knappe Güter häufig Lieferwarteschlangen. Für den in der ehemaligen DDR begehrten KleinwagenTrabant ergaben sich z. B. Lieferzeiten von bis zu 16 Jahren. In der Planwirtschaft entscheidet eine zentrale Planinstanz und nicht die Konsumenten über die Prioritäten der Produktion. Der Konsument hat damit einen relativ geringen Einfluss auf die Produktionsrichtung. Die Abschätzung der Bedürfnisse durch die staatliche Planungsinstanz führt oft dazu, dass an den eigentlichen Bedürfnissen der Konsumenten »vorbeiproduziert« wird. Mit der mangelnden Dynamik der technischen Entwicklung ist die Gefahr verbunden, dass Produktionsfaktoren tendenziell ineffizient eingesetzt werden.
 
 Reale Planwirtschaften
 
So wie nie der Idealtyp einer reinen Marktwirtschaft existierte, gab es bislang auch noch kein Land, welches sich streng an das Idealbild einer Planwirtschaft gehalten hat. Die Planwirtschaften der Sowjetunion nach 1917 und im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg in anderen osteuropäischen Ländern und der DDR sowie in China und Kuba gaben den Haushalten zumindest im Konsumbereich Spielräume. Den privaten Haushalten war es somit freigestellt, soweit sie es konnten und wollten, ihr Einkommen zu sparen oder für angebotene Konsumgüter ihrer Wahl auszugeben. Trotzdem zeigten sich in der Praxis der sozialistischen Länder erhebliche Nachteile der zentralistischen Planwirtschaft gegenüber den marktwirtschaftlichen Systemen. Seit Ende der 80er-Jahre wurde in fast allen diesen Ländern die Planwirtschaft in Richtung Marktwirtschaft reformiert (z. B. China) oder ganz durch ein marktwirtschaftliches System abgelöst (z. B. Polen, Ungarn).

Universal-Lexikon. 2012.

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